Necromunda: Hired Gun · Test
Veröffentlicht am 08.06.2021 von Tobias Creter
Blutige Ballerorgie zu Heavy Metal Klängen
Es gibt mal wieder Spielenachschub für Fans des Warhammer 40.000 Universums. Warhammer 40K ist eigentlich eine Tabletop-Marke aber immer mal wieder schaffen es auch Ableger mit offizieller Lizenz auf PC und Konsolen. Diesmal gehts es wieder nach Necromunda, wie auch bereits letztes Jahr mit Underhive Wars. Doch das neue Necromunda: Hired Gun ist deutlich brutaler und actionlastiger, dafür aber nur für Einzelspieler. Einen Koop-Modus gibt es diesmal leider nicht. Der etwa 20 Personen starke Entwickler Streum On war zuvor auch für das eher durchwachsene Space Hulk: Deathwing verantwortlich.
Man merkt dem Spiel an, dass es sich aus den Bausteinen erfolgreicher Shooter wie Doom oder Titanfall die besten Gameplayelemente abgeschaut hat. Allerdings sollte man hier nicht die gleiche Qualität erwarten, wie in den großen AAA Vorbildern. Das Spiel ist zu Release für 39,99€ zu bekommen und somit kein Vollpreisspiel. Aktuell gibt es zudem in einigen Stores noch 15% Rabatt. Wie sich die neuste Warhammer Ballerorgie spielt und ob sich der Kauf lohnt erfahrt ihr in diesem Test.
Rasante Shooter Action im Warhammer Universum
Es geht also diesmal erneut auf den Planeten Necromunda. Ihr schlüpft in die Rolle eines Kopfgeldjägers, den ihr aus 15 Charakteren wählen könnt. Diese unterscheiden sich jedoch nur optisch und haben in einem Ego-Shooter somit nahezu keine Relevanz. Wichtiger ist da die Auswahl des Schwierigkeitsgrads, denn je größer die Herausforderung, umso besser die Beute im Spiel. Vier Schwierigkeitsgrade stehen zur Auswahl und keiner davon ist ein einfacher Spaziergang. Necromunda: Hired Gun ist ein missionsbasierter Shooter, der euch immer wieder zurück in den Hub Martyr's End schickt, wo ihr Upgrades für den eigenen Charakter, euren treuen Begleit-Hund oder Waffen freischalten könnt. Benötigte Teile und Währung bekommt man durch das Erledigen der Haupt- und Nebenmissionen. Die 13 Hauptmissionen führen euch durch abwechslungsreiche Gebiete, die euch genug Raum für eigene Wege lassen. Das grundsätzliche Missionsdesign ist zwar recht linear aber der Weg ist nicht zwingend fest vorgegeben und oft ist der offensichtliche Weg auch nicht unbedingt der Beste. Gut versteckte Kisten mit besonderer Beute laden zusätzlich zum Erkunden ein. Allerdings warten auch jede Menge Gegner auf euch, die schnelles und aggressives Handeln erfordern. Doch mit tödlichen Waffen und brutalen Finishern, sowie eurem Kampfhund könnt ihr denen auch Einiges entgegen setzen. Dabei ist die seichte Story eher Nebensache, was für mich im Test völlig ok war. Ich fasse die Handlung hier spoilerfrei mal kurz und knapp zusammen: Es wurde ein hohes Kopfgeld auf den Mörder eines Mitglieds der Händlergilde ausgesetzt und ich schlüpfe in die Rolle des zuständigen Kopfgeldjägers. Mehr muss ich in einem Shooter mit starkem Fokus auf schneller Balleraction nicht wissen. Wer eine filmreife und epische Handlung sucht, ist hier falsch und sollte definitiv nach einem anderen Spiel suchen.
Gameplay & Steuerung
Der typische Gameplay-Loop von Necromunda: Hired Gun ist folgender: Man muss im Hub immer erst mehrere weitgehend sinnfreie Dialoge führen, bevor man die nächste Story Mission starten kann. Dabei gibt es oft Probleme beim Starten eines Gesprächs, die nur durch mehrmaliges Hin- und Herbewegen gelöst werden können. Zu Missionsstart wählt ihr eure Waffen und Ausrüstung aus und deckt euch mit Medikits und Stims ein. Dann geht's auch direkt rein in die Action. Grüne Leuchtfeuer markieren den Weg, es steht euch aber an vielen Stellen frei mit Wallruns, Doppelsprung, Dash und Greifhaken (alles miteinander kombinierbar) auch alternative Routen zu nutzen. Verschiedenartige Gegner setzen alles daran euer Leben zu beenden. Dabei agiert die KI von völlig hirnlos bis aggressiv ohne erkennbares Muster. Unterwegs löst man auch mal kleine Rätsel, legt Sprengsätze oder trifft auf Bosse. Nach erfolgreichem Abschluss der Mission wird abgerechnet. Man pickt sich die Waffen und Ausrüstung raus, die man behalten will und der Rest wird direkt in Währung umgewandelt. Mit dem was nach Abzug der imperialen Steuern noch übrig bleibt kann man dann beim Rogue Doc bionische Upgrades kaufen oder beim Schmied die Waffen aufrüsten. Wenn die Kohle mal nicht reicht lässt sich das Budget durch optionale Nebenmissionen in verschiedenen Schwierigkeitsstufen aufstocken. Dabei spielt man auf den bekannten Karten zufällig generierte Missionen, wie Gebiete verteidigen, Anführer töten oder Munitionsvorräte finden und zerstören.
Die Steuerung entspricht weitgehend dem, was man sich über die Jahre in Shootern angewöhnt hat. Optional lässt sich die Tastenbelegung auch ändern. Auf der PlayStation schickt man mit Kreis den Cyber-Mastiff zur Unterstützung los und kann mit R1 das runde Wahlmenü mit den Spezialfähigkeiten aufrufen. L1 ist der Kletterhaken und mit L3 rutscht man über den Boden. Also alles auf schnelle Bewegung ausgelegt. Etwas irritiert hat mich anfangs, dass R3 nicht wie gewohnt die Nahkampfattacke ist, sondern die Schnellauswahl einer Spezialfähigkeit. Als Default ist hier das Medikit eingestellt, wodurch ich einige ungewollte Heilungen durchgeführt habe, bis ich gemerkt habe, dass man die Fähigkeit auch selbst wählen kann. Der Haken, euer Hund und die Spezialfähigkeiten, die teilweise zuerst freigeschaltet werden müssen, haben alle einen relativ kurzen Cooldown und können so sehr exzessiv genutzt werden. Also bleibt immer in Bewegung und haut ruhig alles raus, was euch zur Verfügung steht. Wenn ihr Necromunda: Hired Gun als langsamen Deckungsshooter spielen wollt, werdet ihr nicht weit kommen. Ich musste mich an das Tempo erstmal gewöhnen aber dann machte die brutale Ballerorgie wirklich viel Freude. Das Trefferfeedback ist relativ gut aber die Steuerung verglichen mit Call of Duty oder ähnlichem leider etwas zu schwammig – zumindest mit dem Controller. Mir ist völlig unverständlich, warum man die Totzone des rechten Sticks nicht niedriger als 21% einstellen kann und warum es vier Optionen für Auto-Aim gibt, die sich zwar einstellen lassen, die aber einfach nicht gespeichert werden. Hier hilft vielleicht noch ein Update. In der schnellen Action kommt man trotzdem noch gut zurecht.
Grafik & Sound
Für ein Lizenzspiel von einem kleinen Entwicklerstudio sieht Necromunda: Hired Gun wirklich gut aus. Insbesondere durch das äußerst abwechslungsreiche Leveldesign und die riesigen und wuchtig wirkenden Areale mit vielen Spezialeffekten, wie Rauch, Feuer oder ähnlichem und der stimmungsvollen Beleuchtung kann das Spiel punkten. Bei meinem Test der PlayStation 5 Fassung hatte ich auch nur selten Grafikprobleme und Ruckler. Die Menüs sind manchmal etwas umständlich und es nervt tierisch, dass man beim Waffenschmied nach jeder Veränderung eines Bauteils wieder ganz oben auf dem ersten Waffenteil landet. Aber hier gehe ich von einem Bug aus, der hoffentlich bald behoben wird.
Wie im vermeintlichen Vorbild Doom gibt es auch hier Heavy Metal als Hintergrundmusik. Natürlich ist die Vielfalt nicht ganz so groß, wie beim id Software Shooter aber genug Abwechslung wird trotzdem geboten. Die Soundeffekte sind auf ordentlichem Niveau, insbesondere die Waffensounds sind schön wuchtig. Es gibt eine deutsche Synchronisation, die auch ganz ok ist. Wenn man die etwas trashigen Dialoge und Sprüche nicht zu ernst nimmt, gehen die ebenfalls in Ordnung, auch wenn die Übersetzung ins Deutsche nicht immer auf den Punkt ist. Die Lautstärke von den Effekten, der Musik und der Sprache lassen sich getrennt regeln.
Fazit
Ich bin kein Warhammer 40K Fan und habe die Tabletops nie gespielt, trotzdem (oder vielleicht auch gerade deswegen?) hatte ich eine gute Zeit mit Necromunda: Hired Gun. Wenn das Gameplay stimmt und der Spielspaß gegeben ist, dann brauche ich nicht zwingend eine hollywoodreife Geschichte mit vielen Wendungen und ungeahnten Überraschungen.
Wer schnelle Shooter mit massig Blut und Gewalt mag, der kann mit Necromunda: Hired Gun seine wahre Freude haben. Natürlich ist das Spiel in jeder Hinsicht nicht ganz auf dem Niveau von Doom aber das muss es auch nicht, um Spaß zu machen. Aus technischer Sicht gibt es aktuell noch ein paar Probleme aber keine Showstopper. Während der ca. 10-12 stündigen Kampagne lief der rasante Shooter bei mir meist flüssig und ohne große Probleme.
Das große Arsenal an Waffen und Fähigkeiten lädt zum Experimentieren ein und die weitläufigen Levels mit viel Rost und Metall sind wirklich gelungen. Heavy Metal gibt es zudem auch auf die Ohren, was das fetzige Gameplay gut unterstützt. Die Ladezeiten waren zwar angenehm kurz aber noch nicht ganz auf möglichem PlayStation 5 Level. Finger weg, wenn ihr eine epische Handlung erwartet. Wer schnelle und kurzweilige Balleraction mag, der kann zum Budgetpreis zugreifen oder noch auf ein besseres Angebot warten.
Pro
- schnelle und brutale Shooter Action
- wuchtig wirkendes Leveldesign
- viele Waffen und Fähigkeiten
- stimmiger Heavy Metal Soundtrack
- herrlich düsteres Warhammer 40K Setting
Contra
- öde und belanglose Story
- vereinzelte Bugs und Ruckler
- unausgeglichene Gegner KI
- Cyber Mastiff hockt oft nur dumm rum
- zu wenig unterschiedliche Gegnertypen
Wertung
8.0Gut
Kaufempfehlung
65%Angebot abwarten
Getestet wurde Necromunda: Hired Gun auf PS5 von Tobias Creter. Das Spiel lag uns zum Zeitpunkt von unserem Test in Version1.002.000 vor. Das Test Exemplar / der Review Code für Necromunda: Hired Gun wurde uns von Plaion (Koch Media) kostenlos zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!